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Übersicht

Anotur


Geschichte

Entstehung

Anotur entstand, als der Stadtstaat Tur Dyrania gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts des Eisernen Zeitalters mit seiner Flotte die umliegenden Stadtstaaten und Ländereien im Nordwesten Varunias unterwarf. Um ihre Macht zu festigen, errichteten die Seeherren in den besetzten Gebieten sieben Türme, die dem Reich seinen Namen gaben. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte weitete Anotur seine Herrschaft über das Innere Meer, das Goldene Meer, den Osten des Grauen Meeres und den Westen des Seidenmeeres aus. Die Seeherren gründeten Ansiedlungen an vielen Küsten und eroberten zahlreiche Hafenstädte, sodass sie am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts beinahe uneingeschränkt über die Seewege im Westen der Welt herrschten.

Bürgerkriege

Mit der Macht kam jedoch zugleich der Niedergang, denn viele der Seeherren waren gierig und rücksichtslos. Mehr und mehr beuteten sie ihre Ansiedlungen aus und betrieben sogar Menschenhandel. Der Ältestenrat, der von Tur Dyrania aus über das Reich herrschte, hieß dies keinesfalls gut, unterband es jedoch auch nicht, da er beinahe zur Gänze aus Seeherren bestand. Im Laufe des einundzwanzigsten Jahrhunderts führten Spannungen zwischen den Seeherren immer wieder zu blutigen Bürgerkriegen. Zugleich nahm die Zahl der Schiffe zu, die Seeungeheuern zum Opfer fielen. Auch die Meereshexe Antoxa trat zu dieser Zeit zum ersten Mal auf.

Ulators Aufstieg

Inmitten der Unruhen tauchte ein Mann namens Ulator auf. Als Sohn verarmter Adeliger heiratete er die Tochter des Seeherrn von Orenoch, für den er in einem der Bürgerkriege kämpfte. Dabei wurde er sich der Missstände bewusst, denen das einfache Volk seit Jahrzehnten ausgesetzt war. Sechs Jahre lang eilte Ulator von Schlacht zu Schlacht, in dem beständigen Bemühen, das Volk vor der Willkür der Mächtigen zu schützen. Im Jahr 2191 E.Z. forderte er die vier mächtigsten Seeherren, die die sich bekriegenden Teile des Reiches anführten, zum Kampf auf und bezwang sie. Mit dem Recht des Siegers und der Zustimmung des Ältestenrates ließ Ulator sich daraufhin zum ersten König von Anotur krönen. Zugleich nahm er den Seeherren einen Großteil ihrer Macht.

Königreich

Nachdem Anotur nun also zum Königreich geworden war, setzte Ulator in der Folge alles daran, für Ordnung zu sorgen. Kaum jemand wagte es, sich gegen ihn aufzulehnen, denn das Volk war auf seiner Seite. Mit ebenso strenger wie gütiger Hand herrschte er über Anotur, während er Seeräuberei und Menschenhandel Einhalt gebot. Als Ulator im Jahr 2238 E.Z. starb, hinterließ er ein Reich in Frieden und Wohlstand. Während einige Seeherren mit dem Tod des Königs die Gelegenheit witterten, ihre alte Macht zurückzuerlangen, ernannte der Ältestenrat Ulators Sohn Mesatolos zum zweiten König von Anotur. Dieser führte die Herrschaft seines Vaters fort und so blieb der Frieden und der Handel mit nah und fern blühte auf.

Krieg gegen die Meereshexe

Als Mesatolos im Jahr 2256 E.Z. starb, ging die Gezeitenkrone an seinen Sohn Camalian. Dieser war von gänzlich anderer Geistesart als seine Vorgänger. Leichtlebig und allzu gutgläubig geriet er an die falschen Leute und wurde schließlich von Antoxa ermordet, woraufhin sein Sohn Hylomir dieser Rache schwur. Da Antoxa unter den Seeherren und den Mursogi von Zuurochor zahlreiche Verbündete hatte, kam es zum ersten Mal seit Ulators Krönung zum Krieg. In zahlreichen Schlachten kämpften Hylomir und Antoxa dreizehn Jahre lang um die Vorherrschaft in Anotur. Schließlich gelang es den Truppen des Königs dann aber doch, den Feind zu schlagen. In der Schlacht von Olastur siegte Hylomirs Streitmacht über Antoxa, der nur die Flucht blieb. Damit ging der Krieg zu Ende und Hylomir begann damit, sein Reich wieder aufzubauen.

Bruderkrieg

Da Hylomirs Söhne Nicayos und Lystayos Zwillinge waren, legte der König fest, dass die Brüder beide nach seinem Tod gemeinsam über Anotur herrschen sollten. Trotzdem kam es im Jahr 2304 E.Z. mit dem Verscheiden des Königs zum Streit unter dessen Söhnen, der in einem Krieg mündete, der das Reich erneut spaltete. Zwei Jahre lang dauerte dieser Bruderkrieg, ehe Lystayos auf das Betreiben der Meereshexe hin in einem Sturm starb. Nachdem Nicayos dann die Hauptstadt, in der sich die letzten Getreuen seines Bruders verschanzt hatten, erobert hatte, ließ er sich zum König krönen. Zugleich verlegte er seinen Sitz aus dem zerstörten Tur Dyrania nach Tur Limor.

Verhüllung

Nicayos war ein schwacher König, unter dem die Ordnung im Reich mehr und mehr verfiel. Sogar als sich der Culmorier Marmaos in den Trümmern der alten Hauptstadt niederließ, schritt er nicht ein, sodass die Gegend um Tur Dyrania bald zu einem Ort des Grauens geworden war. Nachdem er Anotur achtundzwanzig Jahre lang verfallen hatte lassen, starb Nicayos im Jahr 2335 E.Z. nach langer Krankheit. Sein Sohn Elunios tat in der Folge sein Bestes, um die Fehler seines Vaters wiedergutzumachen. So sorgte er dafür, dass sich die Seeherren wieder um das Wohl des Volkes bemühten. Zudem zog er Marmaos zur Rechenschaft und stellte dadurch den Frieden im Reich wieder her. Daran konnte sich der König jedoch nicht allzu lange erfreuen, fiel er doch mit seiner gesamten Familie im Jahr 2340 E.Z. bei der Überfahrt nach Nyktaven dem Teufel der Tiefe zum Opfer, den Antoxa geschickt hatte. Daraufhin schnitt die Meereshexe Anotur durch einen dichten Nebel vom Rest der Welt ab.


Einflussbereich

Im Gegensatz zu den meisten anderen Reichen des Eisernen Zeitalters bestand Anotur nicht aus einem zusammenhängenden Herrschaftsgebiet, sondern aus vielerlei Ansiedlungen, die von einem vergleichsweise kleinen Kernland abhängig waren. Dieses befand sich an der Nordwestküste Varunias, wurde im Osten von den Sandzinnen, im Süden vom Erzgebirge begrenzt und umfasste sowohl das Festland als auch die vorgelagerten Inseln. Außerhalb davon gehörten wichtige Hafenstädte im Inneren Meer, Goldenen Meer und Seidenmeer zu Anotur. Darunter waren insbesondere Orenoch an der Westküste Varunias, Vordumar in der Nebelbucht, Aëg Lûr und Ilen Hâl östlich von Umar Enor, Navacht am Rande der Weglosen Wildnis, Nordarith an der Küste von Litoron und Eldalon in Litenóa. Auch im Grauen Meer herrschten die Seeherren von Anotur über Gebiete, die sich bis zu den Inseln östlich von Halernia erstreckten.


Bevölkerung

Da Anotur durch die Eroberung von Gebieten an zahlreichen Küsten entstand, die von unterschiedlichen Völkern bewohnt wurden, gab es kein einheitliches Volk von Anotur. Die Bürger des Reiches grenzten sich weniger durch ihre Abstammung von gemeinsamen Ahnen als vielmehr durch Zugehörigkeit zu Anotur von den Bewohnern anderer Reiche ab. Wiewohl das Volk stark durchmischt war, taten sich dennoch einige Bevölkerungsgruppen hervor. Zum einen waren dies die Umenacher, die im Laufe der Jahrhunderte aus ihrer Heimat in Losia ausgewandert waren. Diesem Volk, das vor allem im Osten des Reiches zu finden war, gehörte auch die Königsfamilie an. Dazu kamen dunkelhäutige Keffaner, die ursprünglich aus den Ansiedlungen des Tiefen Südens stammten und vor allem in Orenoch, Veretur und Tur Limor lebten. Darüber hinaus stammten viele Anoturi von Hm-ôhs Volk ab, das sich auf dem Landweg über den gesamten Nordwesten Varunias verbreitet hatte. In den Ansiedlungen nördlich und östlich des Inneren Meeres machten dagegen Enorer, Ekeuraner und Nyktaren einen Großteil der Bevölkerung aus.


Gesellschaft

Allgemein

Obwohl die Gesellschaft Anoturs aus vielen verschiedenen Völkern bestand, gab es zwischen diesen kaum Schwierigkeiten. Mehr als die Herkunft galt der Stand, dem ein Bewohner des Reiches angehörte. Alteingesessene Seeherren bildeten die Spitze der Gesellschaft. Der niedrigere Adel hob sich dagegen meist kaum vom gemeinen Volk ab.

Adel

König

Seitdem Ulator vom Ältestenrat gekrönt wurde, herrschte ein König über Anotur. Dieser hatte uneingeschränkte Macht über alle Bewohner des Reiches. Adel und Volk waren ihm gleichermaßen verpflichtet. Die Königswürde wurde stets an das älteste Kind weitervererbt. Grundsätzlich erhielt der König seine Macht zwar vom Ältestenrat, doch herrschte er in Wahrheit auch über diesen.

Seeherren

Die Seeherren waren das Rückgrat der Gesellschaft Anoturs. Vor der Königszeit teilten sie sich die Macht über das Reich und setzten sich für gewöhnlich über alle Gesetze hinweg, sofern sie über genügend Reichtum und Macht verfügten. In der Königszeit herrschten die Seeherren meist über große Ländereien oder Teile des Meeres, manchmal auch über Ansiedlungen oder Städte. Seeherren konnten nur vom Ältestenrat oder vom König ernannt oder entmachtet werden. Grundsätzlich war der Titel des Seeherrn erblich und wurde an das älteste Kind weitergegeben.

Schiffer

Jeder Bürger Anoturs, der über mindestens ein Schiff und ein gewisses Vermögen verfügte, konnte vom König, dem Ältestenrat oder einem Seeherrn in den Schifferstand erhoben werden. Die meisten Schiffer standen im Dienst eines Seeherrn oder des Königs, manche waren aber auch mehr oder weniger unabhängig. Im Kriegsfall bildeten die Schiffer das Rückgrat der Königlichen Flotte. Der Schifferstand war nicht erblich.

Ritter

Die Ritter waren den Schiffern rechtlich annähernd ebenbürtig. Auch sie wurden vom König, dem Ältestenrat oder einem Seeherrn erwählt und unterstanden diesen. Die meisten Ritter verfügten über ein Pferd und Rüstung und bildeten im Kriegsfall das Rückgrat des Königlichen Heeres.

Rate und Beamte

Ältestenrat

Der Ältestenrat herrschte über Anotur und war für die Staatsgeschäfte des Reiches zuständig. Die Mitglieder des Ältestenrates waren meist Seeherren, die vom Volk in den Rat gewählt wurden. Jeder Bürger von Anotur – gleich welchen Geschlechtes – war wahlberechtig, sobald er oder sie das sechzehnte Lebensjahr erreicht hatte.

Statthalter

Die Statthalter lenkten die Geschicke der größeren Städte und Ansiedlungen Anoturs. Sie entstammten meist dem Seeherrenstand und wurden vom Ältestenrat oder dem König eingesetzt oder abgesetzt.

Verweser

Verweser wurden von den Statthalter für kleinere Verwaltungseinheiten eingesetzt und entstammten meist dem Schifferstand oder dem Ritterstand, konnten aber auch Angehörige des gewöhnlichen Volkes sein.

Gesetzgebung

Die meisten Gesetze wurden in Anotur vom Ältestenrat beschlossen, mussten dann jedoch vom König abgesegnet werden. Gelegentlich erließ der König auch aus eigenem Antrieb Gesetze. In den Ansiedlungen war es auch den Statthaltern erlaubt, Gesetze zu erlassen, die jedoch vom Ältestenrat oder dem König aufgehoben werden konnten. Die Auslegung der Gesetze lag in den Händen der Statthalter und Verweser. Diese ernannten ihrerseits Richter und Beamte, die sich um alltägliche Streitigkeiten kümmerten und unter Einsatz der Stadtwachen Verbrecher zur Strecke bringen mussten. Die Ritter des Regenbogens genossen eine Sonderstellung, die es ihnen erlaubte, ebenfalls Recht zu sprechen.

Bildung

Die meisten Anoturi besuchten im Alter zwischen sieben und elf Jahren eine Grundschule, die es beinahe in jedem Dorf gab, um dort lesen, schreiben und rechnen zu lernen. Wer es sich leisten konnte, lernte dann in einer Stadtschule vom zwölften bis zum fünfzehnten Lebensjahr verschiedene Wissenschaften und Künste. Nur die wenigsten besuchten eine der Hochschulen, wie sie etwa in Tur Limor, Veretur oder Tur Dyrania zu finden waren. Zudem gab es in manchen Städten auch Kriegerschulen. Adelige ließen ihre Kinder meist von Hauslehrern unterrichten, bevor sie diese auf eine der Hochschulen schickten. In höheren Kreisen galt es als schicklich, einen Abschluss an einer Hochschule vorweisen zu können.

Streitkräfte

Königliche Flotte

Die Königliche Flotte unterstand allein dem König und setzte sich aus eigens zum Zwecke des Krieges unterwiesenen Schiffern und ihren Mannschaften zusammen. Im Gegensatz zum Königlichen Heer stand ein Teil der Flotte immer unter Waffen, gehörte es doch zu ihren Aufgaben, die Meere sicher zu halten und Seeräuber aufzuspüren und zur Rechenschaft zu ziehen.

Königliches Heer

Das Königliche Heer unterstand ebenfalls dem König und wurde von diesem in Kriegsfällen zu den Waffen gerufen. Neben Rittern und Wächtern bestand es zum größten Teil aus gewöhnlichen Bürgern.

Stadtwachen

Die meisten größeren Städte Anoturs verfügten über Stadtwachen, die dem jeweiligen Statthalter unterstanden und in dessen Zuständigkeitsbereich für Recht und Ordnung sorgten.

Seeherrenwachen

Seeherren war es erlaubt, zu ihrem Schutz ein Heer von höchsten fünfhundert Mann zu unterhalten. Wollte ein Seeherr seine Wache vergrößern, musste er dafür die Erlaubnis des Königs einholen, der diese jedoch nur in seltenen Fällen erteilte. Diese Maßnahme diente der Verhinderung weiterer Bürgerkriege.

Ritter des Regenbogens

Außerhalb der gewöhnlichen Streitkräfte gab es noch die Ritter des Regenbogens, die ebenfalls dem König unterstellt waren. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, zu Wasser und zu Land gegen allerlei Ungeheuer vorzugehen, wie auch gegen Menschen, die die Heiligen Künste missbrauchten. Sie waren die größte Landstreitkraft Anoturs, die ständig unter Waffen stand. Ihr Sitz war die Burg Tur Auva.

Glaube und Brauchtum

Da sich die Bevölkerung von Anotur aus Angehörigen verschiedener Völker zusammensetzte, gab es fast keine einheitlichen Bräuche. Die Ansichten der Bewohner des Reiches waren stark geprägt vom Streben nach Macht und Reichtum. Auch der Glaube an Ruvur, den Gott des Meeres, war beinahe allen Anoturi gemein, leiteten sie von diesem doch ihren Herrschaftsanspruch auf das Innere Meere ab. Neugeborene wurden Ruvur geweiht, ihm gegenüber musste der König Rechenschaft ablegen. Gerade im Osten des Kernlandes, wo überdurchschnittlich viele Umenacher lebten, war auch der Glaube an die Wahren Götter weit verbreitet, im Südwesten dagegen der Glaube an die Götter der Wilden Lande.

Anlässe

Geburt

Kinder wurden für gewöhnlich am siebten Tag nach ihrer Geburt im Meerwasser Ruvur geweiht und erhielten dort von einem Priester des Meeresgottes oder von ihren Eltern ihren Namen.

Krönung des Königs

Der König wurde am Morgen seiner Krönung von einem Priester mit Meerwasser geweiht. Danach zog er durch die Stadt bis zur Ratshalle des Ältestenrates, wo er dann im Beisein des Rates und des Volkes vom Vorsitzenden des Rates gekrönt wurde.

Feiertage

Tag des Lichtes

Die Sommersonnenwende wurde in den meisten Gebieten Anoturs mit einem Fest zu Ehren der Enéras, der Göttin des Lichtes, begangen.


Wirtschaft und Handel

Durch die vielen Ansiedlungen entlang verschiedener Küsten, mangelte es Anotur nicht an Rohstoffen. Die fruchtbaren Ebenen von Sungarior und Heregra galten als Kornkammer des Reiches. Im Südosten gab es große Weingärten, der Nordwesten dagegen war von dichten Wäldern bewachsen, deren Holz für den Schiffbau genutzt wurde. Das Erzgebirge, das die Südgrenze des Reiches bildete, war reich an Gold, Silber und Eisen. Darüber hinaus war Anotur stark vom Handel mit anderen Reichen abhängig. Die Seeleute der Anoturi galten als die erfahrensten und verlässlichsten der ganzen Welt.


Beziehungen

Anotur unterhielt über seine unzähligen Ansiedlungen Handelsbeziehungen zu beinahe jedem Volk, das an den Ufern des Inneren Meeres, Goldenen Meeres und Seidenmeeres lebte. Darüber hinaus trieben die Anoturi auch Handel mit den Völkern an der Westküste Varunias. In der Frühzeit des Reiches führten sie oft Kriege, um neue Anlegestellen zu erobern, in der Königszeit beschränkten sie sich auf Handel. Die Beziehungen zu den Wilden Landen im Süden waren meist angespannt, hielten die Anoturi deren Bewohner doch für Wilde. Dennoch trieben sie auch mit diesen Handel. Dasselbe galt für die Mursogi von Zuurochor, die gelegentlich in kleinen Gruppen nach Heregra einfielen.


Erwähnung

  • DEDV: 230-232, 250, 270, 329, 548
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