Einblicke #16: Freibad, Vampire und Hexen

Wie manche von euch wohl bereits wissen, haben viele Charaktere und Begebenheiten aus meinen Büchern ihren Ursprung bei T.EU., der Welt, die ich mit einem Bruder in unserer gemeinsamen Kindheit im Spiel entwarf. Ähnlich einer Fernsehserie war dieses Spiel in verschiedene Episoden unterteilt und die Handlung, die an einem Tag begonnen wurde, wurde von uns oft an einem anderen fortgesetzt. Ich kann mich erinnern, dass ich dazu teilweise sogar Listen mit den einzelnen Titeln der Episoden geführt habe.

Nun spielten wir T.EU. zumeist zuhause in unserem gemeinsamen Kinderzimmer, doch gab es bisweilen auch Gelegenheiten, bei denen wir andere Orte zum Schauplatz unserer Fantasy machten. Eines heißen Sommertages erkoren dafür das städtische Freibad aus – genauer gesagt, das Schwimmerbecken. Dieses wurde in unserer Vorstellung zu einem Bergsee, in dem Riesenkrebse lebten. Deren Beschützer hatte die Helden von T.EU. gerufen, um ihm im Abwehrkampf gegen die Diener des Herrn der Finsternis beizustehen.

Freilich ließen diese – verkörpert durch meinen Bruder und mich – nicht lange auf sich warten. So kämpften wir gegen Fischungeheuer, die dem Befehl des Rochenvampires Mantoxa folgten. Dieser war ein generischer Bösewicht, zu dem mich wohl der Teufelsrochen aus der damals im Fernsehen laufenden Zeichentrickserie »Arielle, die Meerjungfrau« inspiriert hatte. Zumindest hatte Mantoxa, als ich ihn dann zeichnete, wie ich es mit den meisten Charakteren von T.EU. tat, große Ähnlichkeit mit diesem.

In den folgenden Jahren blieb der Rochenvampir als Scherge des Herrn der Finsternis erhalten, hatte jedoch im Spiel keinen weiteren Auftritt mehr. Hintergrundgeschichte bekam er keine, war er doch zu unwichtig. Als ich dann in meiner Jugend damit begann, die Vorgeschichte von T.EU. zu einem Buch umzuformulieren, war Mantoxa längst vergessen. Was hätte ich in einem halbwegs ernst gemeinten Werk auch mit einem Rochenvampir anfangen sollen?

Dann jedoch begann ich mir Gedanken über Narons Herkunft und die Geschehnisse in Anotur zu machen. Da beides untrennbar mit dem Meer verbunden war, erinnerte ich mich wieder an diesen einen unbedeutenden Bösewicht aus dem Freibad und entschied mich, ihm eine zweite Chance zu geben. Zunächst skizzierte ich Mantoxa also wieder in seiner ursprünglichen Funktion als Heerführer des Herrn der Finsternis. Schon damals sah ich vor, dass es schlussendlich zum Kampf zwischen Naron und ihm kommen würde.

Während ich dann die Handlung des vierten Bandes meiner »Die Winde des Schicksals«-Reihe langsam ausgestaltete, änderte sich Mantoxas Rolle von einem bloßen Handlanger hin zur treibenden Kraft. Aus dem von Grund auf hässlichen Rochenvampir wurde ein Wesen, das seiner Verbrechen gegen Götter und Menschen wegen zur Hässlichkeit gezwungen war, immer wieder aber in der Gestalt der Verführerin auftauchte. So wurde aus Mantoxa schließlich die Meereshexe Antoxa – die gefallene Göttin Lirinella, die nicht nur für Narons Schicksal sondern das aller Sterblichen verantwortlich war.

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