Erpantius, der Weise in Schlangengestalt, nimmt eine zentrale Rolle in meinem ersten Buch »Der Weiße Schatten« ein. Erst durch ihn erfahren die Protagonisten der Geschichte, worum es wirklich geht. Als einziger, der das Große und Ganze vollständig im Blick hat, hält er ebenso viel zurück, wie er preisgibt, und wird dadurch auch in seiner Abwesenheit zu einer der treibenden Kräfte der Handlung.
Die Ursprünge des seltsamen Weisen liegen – wie so oft – in einer Gestalt aus den Spielereien meiner Kindheit begründet. In den bereits mehrmals erwähnten Geschichten um T.EU. gab es einen ziemlich unwichtigen Nebencharakter, der den Namen Keulenschlange trug. Er hieß so, weil er eine große, grüne Schlange war, die an der Schweifspitze eine knöcherne Keule trug. Sein Zuhause war der Lavatara-Wald, ein Gehölz an der Grenze zur Vulkanlandschaft Magmaariah. Dort führte er ein Dasein als Einsiedler, der nur gelegentlich Besuch von seinem besten Freund Magmion, dem Herrn der Flammen, bekam.
Wann immer es die Hauptcharaktere jener Geschichte in den Lavatara-Wald verschlug, wurden sie dort von der Keulenschlange zu einem Tässchen heilsamen Tees eingeladen, den diese aus den Wunderkräutern in ihrem Garten brühte. Schon hier zeigt sich ein wichtiges Element, das sich bis in die veröffentlichte Geschichte gehalten hat.
Auch in der Folge blieben Wunderkraut und Schlange eng miteinander verbunden. Nach und nach gewann der unwichtige Nebencharakter ein wenig an Tiefe. Irgendwann änderte ich seinen Namen in Serpentius, der sich – wie unschwer erkennbar ist – vom Englischen »serpent« (oder – wie ich nachträglich gerne behaupte – vom Lateinischen »serpens«) ableiten lässt. Die Keule blieb zunächst erhalten, nur bestand sie bald nicht mehr aus Knochen, sondern aus Kristall. Damit einhergehend wurde Serpentius mit der Fähigkeit ausgestattet, die Zukunft vorherzusehen. Zudem gab ich ihm die Kraft, Dinge erscheinen und wieder verschwinden zu lassen. So wurde aus dem verschrobenen, teekochenden Einsiedler ein zauberbegabter, teekochender Wahrsager.
Als ich dann die ersten Entwürfe zu »Die Schlacht um Sahurus« schrieb, tauchte Serpentius nicht darin auf, hatte ich doch keine Verwendung für ihn. Die Rolle des zaubernden Einsiedlers war außerdem bereits anderweitig besetzt. Erst als ich mich ernsthaft dem Manuskript von »Der Weiße Schatten« widmete, schlängelte er sich lautlos unter dem Namen Erpantius zurück in eine Geschichte, aus der er nun nicht mehr wegzudenken ist.