Der Vorgeschichte fünfter Teil

Jeden Tag eine Seite!

Jeden Tag eine Seite! Dieser Vorsatz trieb mich zum Schreiben an. Manchmal war es leicht und die Worte strömten gleichsam wie ein gewaltiger Fluss aus mir heraus, manchmal war es umso schwieriger – ja fast unmöglich – kaum ein tröpfelndes Rinnsal der Worte. Vieles von dem, was ich schrieb, war schlecht durchdacht und unzusammenhängend, hatte ich doch wenig Ahnung davon, was später noch wichtig werden mochte. So war das Manuskript, das auf diese Weise entstand, oftmals widersprüchlich, bisweilen sehr ausführlich, mitunter aber auch sehr gerafft. Kaum einen Gedanken verschwendete ich auf diese Ungereimtheiten, solange mein Schreibfluss erhalten blieb.
Ich schrieb jeden Tag – sogar, wenn ich nicht zuhause war. So erinnere ich mich gut daran, wie ich im Zuge eines Schulausfluges in einem Hotelzimmer in Rom saß und eine Szene schrieb, in der Naron den erkrankten Rexian in einem improvisierten Schlitten durch den Schnee zog. Inspiration holte ich mir von allem, was um mich war. Orte, die ich besuchte, Wissen, das ich mir in der Schule aneignete, Erlebnisse, Erfahrungen und Gefühle aus meinem eigenen Leben. Als ich dann eines Tages zufällig eine Dokumentation über Luchse sah, fand ich gefallen an diesen wunderschönen Tieren. Damit war der Weiße Schatten geboren und der erste Teil meiner Reihe hatte endlich einen Titel.
Währenddessen ging Narons Reise ohne Unterbrechung weiter. Schließlich entschied ich mich, einen Einschnitt zu machen und den ersten Teil der Reihe als abgeschlossen zu betrachten. Dieser Einschnitt war ziemlich willkürlich, da ich noch nicht wusste, wie die Geschichte weitergehen würde. Denn, obwohl die Geschehnisse des dritten und der beiden letzten Teile der Reihe in meinen Gedanken bereits Gestalt angenommen hatten, entwickelte sich die Handlung der ersten beiden Bücher erst im Laufe des Schreibprozesses. Das Manuskript von „Der Weiße Schatten“ war nun jedenfalls 210 von Hand mit Bleistift beschriebene A4-Seiten stark.
Um aus meinem Buch nun tatsächlich ein Buch zu machen, musste ich es nun freilich erst einmal in mühevoller Arbeit digitalisieren. Munter hämmerte ich also auf die Tastatur eines Zehn Jahre alten Computers ein. Das Zehnfingersystem beherrschte ich damals nicht – und ich beherrsche es immer noch nicht – daher zog sich mein Unterfangen nicht allein der veralteten Hardware wegen in die Länge. Meine mühevolle Arbeit sicherte ich derweil auf einer Diskette – einem Medium mit gerade einmal 1,44 Megabyte Speicherplatz, das bereits damals mehr als überholt war. Diese Diskette habe ich immer noch – allerdings kein Gerät mehr, das sie lesen könnte.
Während ich nun quälend langsam eine digitale Version von „Der Weiße Schatten“ erstellte, schrieb ich weiter an meinem Manuskript. Ein Ende war nicht in Sicht. Der zweite Teil, der bald den Titel „Der Eid des Verräters“ trug, ging in den dritten über, der lange noch ohne Titel blieb. Doch damit nicht genug. Drei weitere Bücher wollten von mir geschrieben werden. Jeden Tag eine Seite! Immer weiter…

Oft werde ich gefragt, wo ich neben Schule, Studium und verschiedenen Freizeitaktivitäten eigentlich die Zeit dazu hernahm. Nun, ich wurde rasch schneller und besser. Oft musste ich meiner täglichen Schreibarbeit nicht einmal mehr eine Viertelstunde opfern. Dennoch ergaben sich manchmal, wie ich gestehen muss, Situationen, in denen ich nicht schreiben konnte. Doch für diese Gelegenheiten hatte ich immer ein paar Seiten „auf Vorrat“ geschrieben, sodass die Rechnung am Ende des Tages nicht durcheinanderkam.

Nach elf Collegeblöcken und einem halbe war mein Manuskript mit nunmehr 1926 Seiten im Jahr 2012 dann endlich vollendet. Freilich hätte ich mich nun darauf ausruhen können, hatte ich meinen Vorsatz doch tatsächlich eingehalten und mein Vorhaben in die Tat umgesetzt. Doch vom Manuskript zum fertigen Buch war es immer noch ein weiter Weg…

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert